EINGEBILDETE VERNUNFT. ZU MARX‘ „KRITIK DES HEGELSCHEN STAATSRECHTS“
DOI:
https://doi.org/10.30611/2020n18id61186Keywords:
Marx' Hegelkritik, Rechtsphilosophie, Verhältnis Staat – Gesellschaft, logischer MystizismusAbstract
des Rechts nach Inhalt und Triftigkeit von Marx„ kritischem Kommentar in seiner „Kritik des Hegelschen Staatsrechts“. – In der Art und Weise der Erschließung der Bestimmungen bürgerlicher Gemeinwesen hält Marx in seinem Kommentar immer wieder ein Ineinanderblenden von heterogenen Elementen fest. Diese Elemente entstammen auf der einen Seite der höchst allgemeinen Ebene der Logik oder der allgemeinen Theorie des Geistes. Von der anderen Seite her handelt es sich um unmittelbar aus der Empirie aufgegriffene konkrete Züge, die für moderne Staaten (oder manchmal auch noch enger für den preußischen Staat des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts) charakteristisch sind. Diese zwei heterogenen Elemente sind nun nach Marxens Diagnose bei Hegel so zusammengespannt, dass das logische Element für sich genommen jeweils für die logische Stringenz der Ableitung und die Gewähr der Vernünftigkeit jener Bestimmungen aufzukommen scheint, während die Reihe des Auftritts empirischer Elemente und ihre jeweilige Identifikation mit einem logischen Element die nötige gegenständliche Bestimmtheit beisteuert. Das Hauptproblem dieser Kombination liegt für Marx nicht im Inhalt der beiden Register für sich genommen, sondern in der Kombination selbst. Das allgemeine Element bildet nicht das genus proximum des Spezifischen – mit gravierender Folge: Die Kombination erschließt nicht die Logik des Gegenstands, sondern erzeugt nur einen doppelten Schein von Vernunft: einerseits den Schein eines logischen Zusammenhangs der inhaltlichen Bestimmungen, einer stringenten Ableitung – und andererseits verleiht diese theoretische Prozedur dem Gegenstand selbst den Anstrich von Vernünftigkeit. Darin deutet sich der Zusammenhang mit einer Kritik des Gegenstands selbst an. Es scheint, Marx zufolge, nicht ganz zufällig zu sein, dass der Versuch, den modernen, bürgerlichen, Staat als vernünftige Einrichtung zu zeigen, dabei landet, ihn in das Licht einer Vernunft zu stellen, die nicht die seine ist; und zwar deshalb, weil er selbst, bei Licht betrachtet, so vernünftig gar nicht ist.
References
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. Grundlinien der Philosophie des Rechts. In: G.W.F. Hegel. Werke in zwanzig Bänden, auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe, Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel (= Theorie Werkausgabe), Band 7. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1970.
Iber, Christian. Methodische und inhaltliche Aspekte von Marx„ Kritik des Hegelschen Staatsrechts. In: Wischke, M.; Przylebski, A. (Hg.). Recht ohne Gerechtigkeit? Hegel und die Grundlagen des Rechtsstaates. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2010, 169–190.
Iber, Christian. Revolution als Negation der Negation? Zu Marx„ Hegelrezeption. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie Heft 3/18, Jahrgang 43, 249–266.
Marx, Karl. [Kritik des Hegelschen Staatsrechts (§§ 261–313)]. In: Karl Marx und Friedrich Engels. Werke Band 1. Hg. v. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1981, 201–336.
Mayinger, Josef. Hegels Rechtsphilosophie und ihre Bedeutung in der Geschichte der marxistischen Staats- und Gesellschaftslehre. Bonn: Bouvier Verlag 1983.
Vieth, Andreas. „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“. In: Quante, Michael; Schweikard, David P. (Hg.). Marx-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart: J.B. Metzler, 2016, 34f.
Wolf, Dieter. Der dialektische Widerspruch im Kapital. Hamburg: VSA-Verlag, 2002.
Downloads
Published
Issue
Section
License
Authors who publish in this journal agree to the following terms:
- Authors retain the copyright and grant the journal the right of first publication, with the work simultaneously licensed under the Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0) License, which allows the non-commercial sharing of work, without modifications and with acknowledgment of authorship and initial publication in this journal.
- Authors are authorized to take additional contracts separately, for non-exclusive distribution of the version of the work published in this journal (eg publish in institutional repository or as a book chapter), with acknowledgment of authorship and initial publication in this journal.
- Authors are allowed and encouraged to publish and distribute their work online (eg in institutional repositories or on their personal page) at any point before or during the editorial process, as this can generate productive changes as well as increase the impact and citation of published work (See The Free Access Effect).